Häusliche Pflege, Betreuung rund um die Uhr – das leisten Familienangehörige und zunehmend Pflegekräfte aus der EU, meistens Frauen aus Polen, Rumänien, Bulgarien. Doch was bedeutet die 24-Stunden-Verfügbarkeit für die Betreuerinnen? Wo wird deutsches Arbeitsrecht bewusst umgangen? Wie viele sind Tag und Nacht in Bereitschaft, ohne dass ihre Arbeit angemessen vergütet wird?

Grauzonen im Pflegebereich

Im Fokus der Fachveranstaltung „Live-Ins in der häuslichen Pflege“ vom 17.04.2024 standen u. a. genau diese Fragen. Die Servicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeit von Arbeit und Leben berichtete aus der Beratungspraxis über die rechtlichen Grauzonen und die Möglichkeiten, die von Ausbeutung betroffenen Frauen arbeitsrechtlich zu beraten und zu unterstützen.

In seinem Grußwort wies Arne Dornquast, Amtsleiter Arbeit und Integration, Sozialbehörde Hamburg, darauf hin, dass man die Zahl der Live-Ins, die in Deutschland tätig sind, nur schätzen kann. Sie müssen nicht angestellt sein. Scheinselbstständigkeit ohne Sozialversicherung sind nicht selten eine Folge davon.

Digital Streetwork als Kommunikationsweg

Ein möglicher Weg, die Live Ins zu erreichen und sie über ihre Rechte zu informieren, Hilfestellung anzubieten und in ihrer Heimatsprache mit ihnen zu kommunizieren, sind vor allem Facebook-Gruppen. Dort sind viele von ihnen vernetzt und tauschen sich aus. Über diese Form von „Digital Streetwork“ berichtete Dr. Jessica Langner, Gleichbehandlungsstelle EU-Arbeitnehmer, Berlin. Seit 2018 wird die Beratung dort erfolgreich durchgeführt. „Unser Ziel ist es, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit gut funktioniert“, betonte sie.

Am Nachmittag der Veranstaltung ging es für die rund 50 Teilnehmenden in drei verschiedene Workshops zu rechtlichen Themen und den Herausforderungen, vor denen Pflegedienstleistungen stehen. Mit einer Podiumsdiskussion endete die Fachveranstaltung. Moderiert wurde der Tag von Jörn Straehler-Pohl (freier Journalist, NDR).

„Es gilt deutsches Arbeitsrecht. Das muss für alle gleich sein.“ (Lena Thombansen, Abteilungsleiterin Fairer Arbeitsmarkt)

Doch davon sind wir noch weit entfernt. Die Fachveranstaltung hat gezeigt, wie wichtig es ist, sich in Netzwerken auszutauschen, um gemeinsam Wege zu erarbeiten, damit die Pflegenden arbeitsrechtliche Sicherheit haben und ihre Arbeit in der Öffentlichkeit Wertschätzung erfährt.

Fotos der Galerie:

1: Arne Dornquast, Amtsleiter Arbeit und Integration, Sozialbehörde Hamburg
2-3: Jörn Straehler-Pohl im Gespräch mit Aldona Kucharczuk,
Beraterin Servicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeit, Johannes Reichhold, Berater IQ Projekt Faire Intergration und Lena Thombansen, Abteilungsleiterin Fairer Arbeitsmarkt (rechts im Bild
4-5: Impulsvortrag von Dr. Jessica Langner, Gleichbehandlungsstelle EU-Arbeitnehmer, Berlin
6: Teamassistentinnen (Orga-Team): Jannika Meyer, Daniela Brakopp und Praktikantin Anina

Text und Fotos: Birgit Puck, Arbeit und Leben Hamburg